Jan Wohlgemuth
Das Problem einer Wortarteneinteilung in der Bahasa Indonesia
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Wie wir in den vorhergehenden Abschnitten gesehen haben, gibt es viele verschiedene Herangehensweisen für eine Wortarteneinteilung in der Bahasa Indonesia. Dabei sind einzelne Kriterien häufiger, andere seltener angewandt worden, was m.E. in der Struktur der Bahasa Indonesia begründet liegt.
1.) Phonologische und graphologische Kriterien scheiden für diese Einteilung aus, da weder Lautgestalt noch Schreibung der indonesischen Lexeme Anhaltspunkte für eine sinnvolle Einteilung geben. Die Großschreibung im Satz, auch in der Orthographie der Bahasa Indonesia die einzige graphologische Markierung, vereint beispielsweise die Eigennamen i.w.S., Sprachenbezeichnungen, Tages- und Monatsnamen, läßt aber andere Nomina außen vor.
2.) Morphologische Kriterien finden sich in jeder der vorgestellten Abhandlungen, wobei vor allem die wortartspezifischen Ableitungsmorpheme eine große Rolle spielen. Jedoch können diese Kriterien allein schon deshalb nicht zu einer "brauchbaren Einteilung" (vgl. Crystal, S. 41) führen, weil einige der häufigen Ableitungsmorpheme eben nicht wortartspezifisch sind, wie z.B. meN~kan. (vgl. Tab. 3, P 11)
3.) Syntaktisch-distributionelle Kriterien scheinen, mit Blick auf die Ansätze von Teeuw und Dreyfuss, diejenigen zu sein, die für eine Wortarteneinteilung in der Bahasa Indonesia am nützlichsten sind. Ich meine jedoch, diese Kriterien sind in einigen Fällen zugleich innertextlich-funktionale Kriterien, oder zumindest nicht davon zu trennen, wie beispielsweise bei Dreyfuss' fünftem Test (vgl. Kap. 5.3).
4.) Lexikalische Kriterien finden sich nur in einem einzigen Fall, nämlich in Dreyfuss' viertem Test (s.o.), der die Ersetzbarkeit von Substantiva durch Pronomina verwendet. Außerdem haben Crystals Kriterien "Ähnlichkeit oder Identität in bestimmten Kontexten" (vgl. a.a.O., S. 43) teilweise Überschneidungen mit syntaktisch-distributionellen Kriterien (z.B. bei einem Kontext , in dem Numeralia stehen können), so daß lediglich eine parallele Anwendung mit jenen (zur Ergebniskontrolle o.ä.) sinnvoll erscheint.
5.) Semantisch-ontologische Kriterien sind in den von mir behandelten Ansätzen nicht angewandt worden. Sie scheinen mir sowohl ungebräuchlich als auch wenig brauchbar zu sein. Das liegt nicht nur an dem von Crystal angesprochenen intuitiven Charakter (vgl. Kap. 2.2), sondern auch daran, daß die Kriterien wie "Eigenschaft", "Vorgang" oder "Sache" nicht wortartspezifisch sind. Schließlich bezeichnen beispielsweise groß und Größe [indones.: besar, besar(nya)] beide eine Eigenschaft, doch gehören sie zwei unterschiedlichen Wortarten an. So sagt Herbermann über die Verwendung dieser Kriterien:
"[...] daß m.E. eine nach rein semantischen Kriterien verfahrende ‚Wortart'-Definition - sofern mit ihr eine Übereinstimmung mit der traditionellen ‚Wortarten'-Differenzierung intendiert wird - nicht möglich ist (was neben vielem anderen z.B. schon einfach daran liegt, daß alle Adjektive und Verben und darüber hinaus auch andere ‚Wortarten' ohne semantische Veränderungen substantivierbar sind [...]); vielmehr müssen sämtliche bisherigen derartigen Versuche als gescheitert gelten." (Herbermann, S. 253)
Wie man sieht, sind nicht alle theoretisch zur Verfügung stehenden Maßstäbe gleich gut für eine Wortarteneinteilung geeignet – weder generell noch für die Bahasa Indonesia. Für diese sollten deshalb vor allem morphologische Kriterien und syntaktisch-distributionelle Kriterien berücksichtigt werden, da sie m.E. am ehesten zu einer sinnvollen und "brauchbaren" Einteilung führen werden.