Jan Wohlgemuth
Das Problem einer Wortarteneinteilung in der Bahasa Indonesia
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5.2 Teeuw (1962)

Teeuw machte einen neuen, unabhängigen Ansatz, die Wortarteneinteilung der Bahasa Indonesia auf eine theoretische Grundlage zu stellen. Er läßt bei seiner Untersuchung Some Problems in the Study of Word-Classes in Bahasa Indonesia ausdrücklich die gesamte bis dato zum Thema erschienene Literatur außer Acht und geht nur kurz auf die Untersuchungen von Gonda (vgl. Kap. 5.1) und Uhlenbeck (1952) ein, die er jedoch in ihrer Methode kritisiert (s.o.) (vgl. Teeuw, S. 412).

Teeuws Untersuchung basiert nicht auf der Gegenwarts-Umgangssprache seiner Zeit, sondern auf der Literatursprache eines einzigen Autors (Nur Sutan Iskandar) aus der Zeit zwischen den Weltkriegen.

Diese Korpusauswahl begründet er damit, daß nach der gründlichen Erforschung dieser Form des Malaiischen die Probleme der Bahasa Indonesia leichter angegangen werden könnten, und der o.a. Autor durch die Menge und Verbreitung seiner Werke viel zur Standardisierung dieses Idioms beigetragen habe. (vgl. a.a.O., S. 410f)

Für Teeuw ist es wichtig, vor jeder Wortarteneinteilung die Wörter in Basiswörter (basic words) und abgeleitete Wörter (derivatives) zu scheiden, und zunächst nur erstere zu untersuchen:

"It seems to me that the distinction between the different types of words is a fundamental requirement in any classification of Malay parts of speech. One should, in fact, first of all attempt to find a method of classifying the basic words and only then, on this basis, try to achieve greater detail in the classification of the derivatives." (ebd.)

Anhand morphologischer und syntaktischer Kriterien setzt Teeuw drei große Wortarten an, die sich untereinander und von anderen Klassen unterscheiden (vgl. a.a.O., S. 413): Nominalia, Verben und Adjektive, von denen er die letztgenannten zum Gegenstand seiner Untersuchung macht.

Dabei sind seine Kriterien morphologisch (Paradigma) und syntaktisch-distributionell (Valenz); für beide führt er Listen von Einzelmerkmalen auf (vgl. a.a.O., S. 413-415), die ich hier nur auszugsweise wiedergeben kann:

I. Paradigma

a) Iterierte Formen, die Intensität oder Verschiedenheit ausdrücken, und die nicht mehr zwingend hinter dem Verb stehen müssen; z.B. indah 'schön', indah-indah 'wunderschön'. (Anmerkung: Iterierte Formen treten jedoch auch in allen anderen Wortklassen auf; dieses Merkmal kann also immer nur eines unter mehreren sein.)

b) ter~ -Formen, die als Superlativ übersetzt werden können; z.B. terbesar 'am größten'

c) se~ -Formen, die einen Vergleich ausdrücken; z.B. sebesar telur ayam 'so groß wie ein Hühnerei'

d) se~~nya -Formen, die eine Art Superlativ oder ein Höchstmaß ausdrücken; z.B. selekas-lekasnya 'so schnell wie möglich, schnellstens'

Sowie acht weitere Paradigmen, die unterschiedlich relevant und teilweise nicht adjektivspezifisch sind. Hier gilt: erst die Kombination mehrerer Merkmale kann zu einer gesicherten Aussage führen.

II. Valenz

a) Vorkommen unmittelbar nach und mit Bezug auf Substantive; ggf. mit eingefügtem yang: buku mahal / buku yang mahal 'ein teures Buch'

b) Vorkommen nach oder vor Wörtern, die einen Grad angeben: z.B.: amat besar, besar sekali 'sehr groß'

Neben diesen Merkmalen gibt Teeuw noch drei Negativkriterien an (vgl. ebd.). Adjektive können:

c) nicht in direkter Beziehung mit Zahlwörtern stehen.

d) nicht in Beziehung mit den Demonstrativa ini, itu stehen, wobei in Formeln wie rumah besar ini ('dieses große Haus') nicht Reihenfolge und syntaktische Beziehung miteinander verwechselt werden dürfen.

e) nicht in direkter syntaktischer Beziehung zu den Modalwörtern wie harus 'müssen', boleh 'können', dapat 'dürfen' stehen.


Wörter, die diesen Kriterien entsprechen, sollen nach Teeuw als Adjektive bezeichnet werden. Jedoch schränkt er ein, daß andere Wörter diese Kriterien teilweise auch erfüllen, und von daher von den Adjektiva abgegrenzt werden müssen; dies sind vor allem die basic verbs, Verben, die keine meN- oder di- Formen bilden können, wie datang 'kommen', tidur 'schlafen' etc. Diese Wörter, die formal den Adjektiven näher stehen als den übrigen Verben, (Teeuw zitiert hierfür van Ophuijsens Begriff der Tätigkeitsadjektive) teilt Teeuw in die Gruppe A2 ein, die er der Klasse A1 gegenüberstellt, welche die Adjektiva umfaßt, die den o.a. Kriterien weitestgehend entsprechen, wie z.B. besar 'groß'. (vgl. a.a.O., S. 416)

Eine weitere Gruppe, A3, die beiden anderen Gruppen zwar nahe kommt, aber von ihnen zu unterscheiden ist, umfaßt Wörter, die Gemütsverfassungen oder Gefühle bezeichnen, wie z.B. kenal 'kennen, wissen', takut 'sich fürchten' u.a. (vgl. a.a.O., S. 419)

Zum Vergleich stellt Teeuw diesen drei A-Gruppen eine Reihe Substantiva (S) gegenüber, die er ebenfalls untersucht hat.

Die Anwendung der Kriterien ergibt dann den in Tabelle 3 wiedergegebenen Befund:

Tabelle 3: Adjektivklassifikation für die Bahasa Indonesia

Kriterium Rahmen A1 besar A2 datang A3 kenal S
P 1 Iteration ~~ + + + +
P 2 ter~        
P 2a terbesar + - o -
P 2b tertidur - o o - (o?)
P 3 maha~ + o o o
P 4 se~ itu + o? + (o?) -
P 5 se~~nya + - o -
P 6 ke~an        
P 6a kebesaran + o o o
P 6b kedinginan o o o o
P 6c keputih-putihan o - o o
P 7 ~nya + + + +
P 8 ber~ o o o +
P 9 ber~~an + + + o
P 10 meN~ (menjauh) o (+?) o o o
P 11 meN~kann + + + +
P 12 peN~ + o o o
V 1 rumah ~ + o o -
V 2 rumah yang ~ + + + -
V 3 yang ~ + + + - (o?)
V 4 (ia berkata) dengan ~ + - o o
V 5 amat ~ + - + -
V 6 ~ sekali + - + -
V 7 satu ~ - - - +
V 8 ~ ini - - o? +
V 9 ia harus ~ - + + - (o?)
V 10 kenal kepada, takut akan - o + -
V 11a timbul kasih (dalam hatinya) o - (o?) + +
V 11b (melepaskan orang) dari malu o - (o?) + +
V 11c menahan marah o - (o?) + +
V 11d penuh cinta o - (o?) + +

P = Paradigma / V = Valenz / + = häufig, normal, produktiv / ? = fraglich / o = selten, teilweise produktiv / - = nicht gefunden, nicht produktiv

(nach Teeuw, S. 417; modifiziert und der neuen indonesischen Orthographie angepaßt)

Teeuw diskutiert anhand dieses Befundes die Einteilung der drei mit A bezeichneten Klassen. So können beispielsweise die unter A2 gefaßten Wörter keine Formen der Paradigmen P 2a und P 5 (ter~ bzw. se~~nya) bilden, was allerdings in der Bedeutung der Wörter begründet liegt, da diese Wörter, im Gegensatz zu den Adjektiven (A1), keine graduell meßbaren Eigenschaften bezeichnen, so daß eine Steigerungsform nicht bildbar ist.(vgl. a.a.O., S. 416f)

Zu den Unterschieden sagt Teeuw weiter:

"The differences in valence between words of the A1 and A2 classes at first sight again appear to be determined by semantic differences between the two classes: in sentences of the V4 type, the formation with dengan denotes the way in which an action, etc. is performed, i.e. a typical use of words of the type of the adjectives as described above. V5 and V6 are again cases of differentiation in degree, and V9 implies the possibility of modal modification, which one would primarily expect with words denoting actions, etc. [...]" (a.a.O., S. 419)

Die Wörter der A3-Gruppe verhalten sich in morphologischer Hinsicht ähnlich wie die der A2-Gruppe, unterscheiden sich von diesen und denen der A1-Gruppe jedoch deutlich in der Valenz, indem sie sich bei V 5 und V 6 wie A1 und bei V 9 wie (A 2) verhalten. Gruppenkennzeichnend ist die Möglichkeit, Kombinationen mit ~ akan zu bilden (V 10), was weder für A1 noch für A2 möglich ist. Besonders deutlich von den anderen A-Gruppen hebt sich A3 durch die Verwendungen unter V 11 ab, die sie mit den Substantiven (S) teilen.(vgl. a.a.O., S. 419f)

Teeuw diskutiert darauf aufbauend die Frage, ob A2 und A3 als eigene Wortarten (-Klassen) behandelt werden müssen, da sie einerseits morphologisch viele Gemeinsamkeiten, andererseits aber syntaktisch einige Unterschiede aufweisen.(vgl. a.a.O., S. 420)

Insgesamt bewertet Teeuw die Unterschiede zwischen A1, A2 und A3 jedoch als zu geringfügig, um von drei getrennten Wortklassen zu sprechen:

"The differences in valence give even less justification for speaking of separate word-classes. It seems to me that even more predominantly than in the case of the paradigm, the individual meanings of the words determine the possibility, improbability or impossibility of use, and that there is no question of categorial differences." (a.a.O., S. 421)

Teeuw räumt ein, daß es noch eine Reihe Wörter gibt, die nicht in die drei Gruppen A1 bis A3 passen, obwohl sie zu der Gesamtheit der untersuchten Wörter, der Adjektive, gehören, und daß es sicherlich weiterer Untersuchungen zu Bahasa Indonesia bedarf, um eine umfassende Wortarteneinteilung vorzunehmen, zumal sich die Bahasa Indonesia in einer Phase des Umbruchs befinde, und die Zusammensetzungen der angesetzten Gruppen sich wahrscheinlich ändern. (ebd.)



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