Jan Wohlgemuth
Flurnamen in Westfalen


Flurnamen in Westfalen

Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Institut für Deutsche Philologie I,
Abt. für Niederdeutsche Sprache und Literatur
Hauptseminar Sprachgeschichte Westfalens
Sommersemester 2000
Dozent: Dr. R. Peters, M.A.

Gliederungs- und Inhaltsübersicht

1. Einleitung

Die vorliegende Hausarbeit schließt sich an ein Referat gleicher Themenstellung an, das ich im vergangenen Sommer in einem Hauptseminar zur Sprachgeschichte Westfalens gehalten habe. Neben verschiedenen Aspekten der Sprachgeschichte und Referaten zum Sprachstand zu verschiedenen Zeitpunkten wurden in diesem Seminar auch Themen beleuchtet, anhand derer sich die Situation des Westfälischen diachron wie synchron untersuchen lässt. Ein Hauptaugenmerk lag auf dem Verhältnis von Niederdeutsch zu Hochdeutsch und auf dem Wandel der Gewichtung dieser beiden Sprachen. Zwei Referate dieses Seminars galten den Siedlungsnamen und den Flurnamen Westfalens. Anhand der Namenlandschaft sollten dabei verschiedene Faktoren beleuchtet werden, die für die Geschichte (und Gegenwart) des Westfälischen eine Rolle spielen.

Mit dieser Arbeit möchte ich kurz umreißen, inwiefern die Flurnamen Westfalens geprägt sind von niederdeutschen und hochdeutschen Einflüssen, welche sprachlichen Faktoren typisch sind für die gegenwärtig vorfindlichen Flurnamen der Region, und woher sie ihren Ursprung nehmen.

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2. Generelle Betrachtungen

Der Behandlung der Flurnamen Westfalens möchte ich eine Definition der Begriffe Flur, Flurname und Westfalen voran stellen, sowie einige generelle Bemerkungen zur Flurnamenforschung machen, um Thema und Hintergrund dieser Arbeit in einen wissenschaftlichen Kontext zu stellen.

2.1 Was sind Flurnamen?

2.1.1 Die Flur

Als Flur bezeichnet der Geowissenschaftler die "parzellierte landwirtschaftliche Nutzfläche eines Siedlungs- oder Wirtschaftsverbandes." (Diercke, S. 217). Die Unterteilung der Natur in Flächen, für die eine bestimmte Nutzung vorgesehen ist, macht sie zu etwas, das genauer und kleinräumiger bezeichnet werden muss. Die Flur selbst ist unterteilt in Parzellen und Parzellenkomplexe, die i.d.R. an Besitzer gebunden sind, wenn sie nicht gemeinschaftlicher Besitz (sog. Allmende) des Siedlungsverbandes sind. Fluren gibt es in vielen unterschiedlichen Ausprägungen, wobei diese Flur(formen)typen anhand ihrer Form und den Verlauf der (Besitz)Parzellengrenzen unterschieden und klassifiziert werden. (vgl. Diercke, S. 217f.)

2.1.2 Der Flurname

Nach Bach (1952) werden Namen unterschieden in Ortsnamen (ON) und Personennamen (PN) sowie vier weitere kleinere Klassen, die an dieser Stelle nicht weiter relevant sind. Die ON unterteilt er weiter in Siedlungsnamen, Namen für unbesiedeltes Gebiet (Flurnamen i.w.S.) und Gewässernamen. Im engeren Sinne bezeichnen Flurnamen das menschlich (für Forst- und Landwirtschaft) genutzte unbesiedelte Land, die Fluren (s.o.).

Die Großgruppen der Flur-, Siedlungs- und Personennamen sind teilweise miteinander verwoben, da oft eine Besitz-, Herkunfts- oder Abstammungsrelation durch wechselseitige Nachbenennung ausgedrückt wurde. (Man denke nur an den Familiennamen Vorderlandwehr bzw. vor der Landwehr.)

Im Gegensatz zu den Gebirgs-, Gebiets-, Landschafts-, Länder-, Fluss- und Meeresnamen etc. werden Flurnamen (FlN) zu den sogenannten Mikrotoponymen eingestuft, da sie kleinräumige Gebiete bezeichnen (vgl. Bach, Bd. II.1 §1), und zwar die meisten der verschiedenen sogenannten Flurelemente. Das sind:

"alle außerhalb geschlossener Ortschaften vorkommenden Bestandteile in der --> Flur, (Wege, Straßen, Bäume, --> Hecken, Kies- und Sandabbaustellen, einzeln stehende Wirtschaftsgebäude, Gewässer, Gräben, Teiche, Ödlandstücke, Hohlformen, etc.)" (Diercke, S. 217; Hervorhebungen im Original.)

Unter diese Elemente fallen aber dann auch solche, die nur mittelbar der (land)wirtschaftlichen Nutzung unterliegen, wie Plätze, Wege und Straßen, sowie Elemente, die nicht mehr genutzt bzw. besiedelt werden (Wüstungen) und nicht direkt nutzbares Land inmitten der Flur (Ödland, Unland).

Unter diesem Aspekt müsste man eigentlich von Flurelementnamen sprechen, da weniger der Parzellenverband oder die Gesamtheit aller Elemente einer Flur bezeichnet werden, sondern vielmehr jedes der Elemente einzeln mit einem Namen versehen wird. Im Sprachgebrauch hat sich jedoch die Form Flurname etabliert, die ich daher auch in dieser Arbeit verwenden werde.

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2.2 Bedeutung der Flurnamenforschung :

Die Flurnamenforschung steht in Verbindung mit zahlreichen anderen wissenschaftlichen Disziplinen. Sie schöpft aus ihnen und liefert umgekehrt auch anderen Forschungsrichtungen hilfreiche Aufschlüsse. So macht die FlN-Forschung Sprachgeschichte auch in kleinräumigen Dimensionen nachvollziehbar. Anhand von Belegen z.B. zum selben Flurstück über Jahrhunderte hinweg kann der regionale Sprachwandel nachvollzogen werden, z.B. auch wann welche lautliche Entwicklung wo (kleinräumig) sich bis in die Schrift durchsetzte, oder welche lexikalischen und morphologischen Phänomene sich wann wohin ausbreiteten oder aber ungebräuchlich wurden.

Flurnamenforschung ist aber auch für die Regionalgeschichte, die Geographie und die (historische) Volkskunde eine sehr nützliche Quelle, da sich in "versteinerten" Flurnamen oft alte Besitz- und Lehnverhältnisse, traditionelle Flurformen, wüstgefallene Orte, aufgegebene Torfstiche und Gruben, alte Bewirtschaftungs- und Landschaftsformen u.v.m. ausmachen lassen:

"Ortsnamen, Flurnamen und Namen für andere Lokalitäten [...] können wichtige Hinweise auf Siedlungsgang, Flurentwicklung, wüstgefallene Siedlungen und Fluren liefern, [...] Die siedlungsgeographische Forschung bedient sich [ihrer] als Hilfsmittel zur Altersbestimmung von Siedlungen, zur Bestimmung früherer Funktionen, z.B. von Flurteilen oder Siedlungen, zur Ermittlung ethnischer Siedlungsschichten und deren Verbreitung, zum Ausbreitungsprozeß von Siedlern bzw. Siedlungen allgemein, zum Nachweis früherer Waldverbreitung [...] u.v.a." (Lienau, S. 161)

Von da her ist die FlN-Forschung auch für den Frühhistoriker von Belang, da sich frühere Besiedlungen oft nur durch erhaltene Flur- oder Ortsnamen noch verraten wie z.B. ein FlN altes Dorf, oder ein FlN mit einem typischen Siedlungsnamenelement wie -bo(r)stel. So weist mancher FlN auch auf Stellen hin, die u.U. Bodenfunde bergen, beispielsweise wenn auf frühgeschichtliche Grabhügel o.ä. referiert wird. (Vgl. hierzu Kleiber S. 407f. und Diercke, S. 217.)

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2.3 Methodische Probleme:

Die Sammlung, Klassifizierung und Deutung von Flurnamen wird durch viele Faktoren erschwert. Viele der Namen, die im Regiolekt mündlich tradiert wurden, haben in alten Quellen (sofern es die gibt) oft viele voneinander stark abweichende Schreibungen, da es keine verbindlichen Schreibnormen gab. Spätestens mit Aufnahme des preußischen Urkatasters (UK) im 19. Jahrhundert wurden viele der Flurnamen zwar schriftlich fixiert, jedoch oft aus Unwissenheit und mangelnder Kompetenz in der betreffenden Sprachvarietät der Region fehlerhaft festgehalten, da entweder die zumeist hochdeutsch sprechenden Schreiber und Kartographen die niederdeutschen Namen in ihren oftmals fremden Lautungen oftmals volksetymologisch deuteten:

"So wurde aus dem plattdeutschen Gattenmoor, das auf die in dem Moor vorhandenen Senken und Löcher verweist (gatt ‚Loch'), im UK das verständlichere Gartenmoor, [...]" (Müller/Wagner, S. 1; Hervorhebungen durch die Autoren.)

oder aber auch, weil die ortsansässigen Informanten (in jüngerer Zeit) selbst keine umfangreiche mundartliche Kompetenz mehr hatten, oder die FlN selbst nur aus offiziellen (somit hochdt.) Kontexten kannten (vgl. Müller (1997b), S. 159f). Neben den Missdeutungen und Falschüberlieferungen ist der Zugang zum Flurnamenschatz vielerorts dadurch erschwert, dass die traditionellen Flurbezeichnungen nur noch der älteren Bevölkerungsschicht bekannt sind, da spätestens mit der Flurbereinigung der 1970er Jahre viele Fluren neu gegliedert und infolgedessen umbenannt (und schlichtweg nummeriert) wurden, so dass viele Namen verloren gingen, da die bezeichneten Parzellen neu aufgeteilt oder zusammengefügt wurden, und bestenfalls einer der Namen für das neue Flurstück übernommen wurde. (s.a. Abschnitt 3.3).

Die schriftlich festgehaltene Form eines FlN ist also zumeist nur eine unter vielen, und so herrscht teilweise große Varianz in der Namenlandschaft, zumal sich hierbei oftmals das oben angedeutete Problem der Wiedergabe westfälischer Laute stellt. (vgl. hierzu auch Müller 1995, S. 105f.) Um Namen eindeutig zuordnen und ihre Bedeutung entschlüsseln zu können, müssen zudem Umfeld und Natur des bezeichneten Raumes betrachtet werden, da sie sich in den Namen regelmäßig widerspiegeln.

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2.4 Zur Definition von Westfalen

Durch das Seminarthema: "Sprachgeschichte Westfalens" wurde eine regionale Eingrenzung vorgegeben, an der problematisch ist, dass sich die benannte außersprachliche Wirklichkeit im Laufe der Geschichte oft geändert hat — zu verschiedenen Zeitpunkten bezog sich der geographisch-politische Begriff Westfalen auf sehr unterschiedliche Gebiete — und auch heute noch je nach Definition sehr unterschiedliche Gebiete umfasst.

In der vorliegenden Arbeit soll Westfalen als das Verbreitungsgebiet des Mundartphänomens westfälische Brechung aufgefasst werden, so wie es in Karte 1.3 des geographisch-landeskundlichen Atlas von Westfalen durch die Isoglosse "Westf. Brechungsdiphthonge" umschrieben ist. (vgl. Geographisch-landeskundlicher Atlas von Westfalen, Beiblatt zu Karte 1.)

Da es in der vorliegenden Arbeit um sprachliche Phänomene geht, ist einer Abgrenzung anhand sprachlicher Kriterien gegenüber irgend welchen administrativen oder topographischen Grenzen der Vorzug zu geben. Im Beiheft zur o.a. Karte werden die verschiedensten Definitionen von Westfalen diskutiert und umfassend dargestellt. Eine Wiedergabe und erneute Diskussion derselben halte ich an dieser Stelle und in dieser Arbeit für überflüssig.

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3. Flurnamen in Westfalen

Nach diesen generellen Betrachtungen möchte ich nunmehr auf die Flurnamen Westfalens im Speziellen eingehen und dabei zunächst die Zugänge zum Namenschatz betrachten, dann die typischsten Bildeweisen und Benennungsprinzipien, um in einem dritten Abschnitt kurz die Situation der westfälischen Flurnamen und ihrer Erforschung heute zu beschreiben.

3.1 Geschichte und Quellen

Das Alter eines Flurnamens nachzuweisen ist mithin schwierig, sofern er nicht in einer (datierten bzw. datierbaren) Urkunde belegt ist. Und selbst von dort her kann man nur sagen, dass er zu dem entsprechenden Zeitpunkt bereits existierte, wenn er als Referenz in einer Urkunde Verwendung findet. Generell kann man wohl davon ausgehen, dass Flurnamen ungefähr so alt sind wie die Siedlungsnamen eines betr. Gebiets. (Vgl. Sonderegger (1996), S. 433) Flurnamen sind schlichtweg erst mit dem Einsetzen schriftlicher Quellen belegt, auch wenn sie vermutlich viel älter sind:

"Wenn Flurnamen in älterer Zeit (d.h. altgermanischer, früh- und hochmittelalterlicher Zeit) fehlen, so liegt das in erster Linie an der überlieferungsgeschichtlichen Situation. Denn überall dort, wo Quellen vorhanden sind [...], werden Flurnamen faßbar [...]." (a.a.O., S. 420)

Darüber hinaus spielt natürlich auch eine Rolle, ab wann der betr. Landstrich besiedelt worden ist, das ist in einigen Regionen Deutschlands (auch Westfalens) durchaus erst im Spätmittelalter der Fall. Eine Flurbenennung hat es in diesen Gegenden dann natürlich auch nicht vorher gegeben. (vgl. ebd.)

Man kann also davon ausgehen, dass mit dem Einsetzen der Besiedlung und Nutzung eines Landstrichs dieser auch durch die Vergabe von Namen, darunter eben auch FlN, strukturiert wurde.

Verschiedene belegte Zeiträume der Flurnamenvergabe lassen sich festmachen:

a) Vordeutsche Formen

Hiermit ist germanisches oder keltisches Namengut gemeint, wie z.B. *Teuto-, oder auch die verschiedenen Belege der alteuropäischen Hydronymie, die sich in vielen Gewässernamen (und von dort ableitbar auch in anderen Namen) widerspiegeln. Darüber hinaus gibt es auch unklare Formen, deren Herkunft sich nicht rekonstruieren lässt, und die nur negativ eingeordnet werden können als "nichtkeltisch" und "vordeutsch" wie z.B. die Bezeichnung der jetzigen Wüstung Pirne bei Arnsberg. (vgl. Greule, S. 2091.)
Primär lateinische (oder daran angelehnte) Formen findet man in Westfalen nicht, da die Region, im Gegensatz zu anderen Teilen des heutigen Bundeslands Nordrhein-Westfalen, nie römische Provinz war.

b) deutsche Namenformen

Teilweise finden sich bereits FlN aus ahd. Zeit in Urkunden, Inschriften und Grenzbeschreibungen, dann jedoch nicht in niederdeutscher Prägung. Mit dem einsetzenden Mittelalter gibt es als Fundstellen für die FlN-Forschung zahllose Urkunden, Besitz- und Steuerverzeichnisse, die sich bis heute erhalten haben. Auch hier gilt jedoch der Vorrang des Hochdeutschen als Schreibsprache. Niederdeutsch wird als Urkundensprache erst ab dem 14. Jh. verstärkt verwendet, verschwindet aber auch bald (ab dem 16. Jh) wieder zu Gunsten des Hochdeutschen.
Seit dieser Zeit jedoch ist die Namenlandschaft hierzulande gut dokumentiert, insbesondere seit im 18. Jahrhundert Kartographie und Grundbuchunterlagen allgemein eingeführt wurden. Spätestens mit der Aufnahme des preußischen Urkatasters (s.o.) wird eine flächendeckende Erfassung angestrebt und weitgehend auch erreicht (wenn auch mit den o.a. Einschränkungen bezüglich einiger Wortformen!)

Die historische Einordnung eines Flurnamen kann nach verschiedenen Kriterien geschehen: einerseits nach sprachexternen (historischen) Kriterien, andererseits nach onomasiologisch-sachlichen Kriterien (Benennungsgründe, -prinzipien, -anlässe), oder morphologischen Kriterien (bestimmte bevorzugte Ableitungs-/Kompositionstypen, Grundwortwechsel), die (vor allem in Kombination) einen Rückschluss zulassen auf den Zeitpunkt (Situation) der Namengebung und die jeweiligen Gründe (Motive).
Insgesamt kann man davon ausgehen, dass "bestimmte [Flur]Namen bestimmten Entstehungszeiten zuzuordnen sind, wobei jene umso aussagekräftiger sind, je zeitlich begrenzter sie verwendet wurden." (Lienau, S. 161.)

In dieser Arbeit möchte ich die Flurnamen jedoch weniger historisch als vielmehr sprachlich untersuchen, und von da her morphologisch-syntaktische bzw. semantische Kriterien in den Vordergrund stellen, und die Flurnamen anhand ihrer Bildeweise klassifizieren.

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3.2 Formen und Bildeweisen westfälischer Flurnamen

Die individualisierende Funktion der Flurnamen bringt es mit sich, dass sie in der Regel keine (gattungsbezeichnenden) Simplizia wie Kamp, Wiese, Feld u.a., sondern Komposita sind, und somit bestimmten Bildeweisen unterliegen. Schließlich sollen Flurnamen nicht bloß eine Örtlichkeit klassifizieren (z.B. als Feld oder Wiese), sondern sie ganz klar aus der Klasse gleichartiger Objekte herausheben und möglichst einwandfrei identifizieren, nur so ist eine Orientierung im Raum möglich. (Vgl. hierzu auch Scheuermann (1996), S. 539.)

3.2.1 Bildungen mit Flurtypen-Element:

Bei diesen Bildungen, die den Großteil der FlN ausmachen, ist eines der Kompositionsglieder (i.d.R. das Grundwort) ein Simplex, das die Art des Flurstücks (also Feld, Wiese, Wall etc.) explizit bezeichnet, zu dem ein beschreibendes Element hinzu tritt, das die individualisierende Funktion hat. In manchen Fällen sind sowohl Grundwort als auch Bestimmungswort solche typischen FlN-Elemente, seltener ausschließlich das Bestimmungswort.

Vier Haupttypen lassen sich dabei festmachen:

1.) Adjektiv + GW Langer Kamp, Groote Hee, Hohes Venn
Hier wird das Flurstück aufgrund einer charakteristischen Eigenschaft, zumeist ihrer Form oder Lage, individualisiert. Dies ist eine sehr einfache Art, FlN zu bilden, die außerdem für den Ortskundigen zumeist durchsichtig und einleuchtend sind, da sich im Idealfall allein durch einen Blick übers Land ergibt, welches Landschaftselement mit einem solchen Namen belegt worden ist.

2.) Personenname(GEN) + GW Piepers Hagen, Pastors Busch
Eine historische oder gegenwärtige Besitzrelation wird bei dieser Gruppe der Flurnamen benutzt, um die bezeichneten Örtlichkeiten zu identifizieren. Der Name des Besitzers wird i.d.R. im Genitiv vorangestellt. Die individualisierende Leistung dieser Bildeweise ist zwar gegeben, jedoch ist das Motiviertheitsverhältnis hier nicht in der Landschaft offensichtlich (wie unter 1.), da man nur in den seltensten Fällen einer Flur ihren Besitzer ansehen kann. (Beschilderungen etc. seien hier einmal außen vor!)

3.) Bestimmungswort + GW Bohnenkamp, Kirchbrede, Kohmaote
Hier gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, welche Bestimmungswörter zur Identifizierung eines Flurstücks herangezogen werden können. Je nach Benennungsmotiv können es z.B. typischerweise vorgefundene oder angebaute Früchte, besondere Landmarken, aber auch die vorrangigen Nutzungsformen sein. Auch diese FlN sind zumeist hinsichtlich ihres Bezeichnungsgrundes durchsichtig.

4.) Präpositionalkonstruktion In de Brinke, Up de Landweer, Im Rott
Die meisten Konstruktionen dieser Art individualisieren durch eine lagebeschreibende Ortsangabe. Auffällig viele dieser Formen finden sich in heutigen Straßennamen wieder, dann meistens in der Form Präposition + Artikel (+ BW) + Flurtyp .

Die wichtigsten der verwendeten typischen Flurnamen-Grundwörter zeigt die folgende Tabelle.

Tabelle 1: Typische Grundwörter westfälischer FlN im Überblick:

Formen typischer Grundwörter Bedeutung Beispiele
bach
biäke, becke, bekke
'Bach' Holterbiäke
breit(e(n))
bre(e)(d(e))(ke)(n)
brei(de)(n)
breh(d(e))
brey(d(e))
brai(d(e))(ke)(n)
'Breite' Overbree, Flaßbrede, Goolbraie, Distelbreede
brink(e) '(Gras)hügel', 'Grenz- / Randgebiet' In de Brinke
bra(o)(u)(c)k(sken)
bro(o)(u)(c)k(sken)
bro(o)ch
brö
(ö)(c)k(sk)e(n)
brach
'Bruch' (= Sumpfland) Merfelder Bruch, Iärlenbrauk
busk, buss
busch
'Wald' Pastors Busch
diek, diik
deik
'Teich' Entendiik
Mönkediek
driisch(k)(e)
driesch(k)(e)
draisch(k)(e)
'Brachland' Driischkamp
Schaopdraischk
esch
esk
(e)
'(Getreide)Feld, Saatland' Afhüppen Esch
Schragen Esch
ga(a/o)r(d/t)(e)((ke)n)
garren
go
(o)r(d/t)e((ke)n)
(ö)r(de)(ke)n
go
(h)r((e)n)
'Garten' Bohmert ( < Boomgart)
Bursengörden
grund 'Grund, Vertiefung, Senke' Wittgesgrund, Im grünen Grund
hai((d)e)
hee
häi
((d)e)
'Heide' Groote Hee
hiäge
he
(e)ge
'Hecke' Uulenheege
Dinkelhiäge
ho(o)(c)(k)
hoek
'Winkel, Ecke' Pötterhoek
horst 'Gestrüpp, Unterholz' Im Uhlenhorst
holt 'Wald, Holz' Bookholt
hu(u)s(ke(s))
hues, huss
haus
h
(u)üsken
'Haus' Beim Hues
kamp(p(k))(e(n))
kämp(p(k))e(n)
'Feld' Achterkamp
Erlenkamp
kaule
kuule, kuhle
küül
(ke(n))
kühl(ke(n))
'Kuhle' Düüwelskaule
Leemküülken
Mehrkuhle
knapp, knäppe 'Hügel, Erhöhung' Sandknapp
Füchtenknäppe
kolk 'Wasserloch, Vertiefung' (am) Lienkolk
lo(o)h, lauh 'Waldstück, Weidewald' Breedloh, Im Breloh
mo(o)t(h)(e)
ma(a/o)t(h)(e)
ma(a)((c)k)en
mecken, mäcken
möcke, mötken
mass
'Wiese' (zu: "mähen") Kohmaote
Temkoffs Mass
Epping Määken
pla(c/k)k(en) 'Fetzen, Stückchen' Düvelsplacken
o(n)lan(td)
ollan(t/d)
unlan(d/t)
uhlan(d/t)
'unbebautes, nicht nutzbares Land' Unland
pat(t)
pad
'Pfad', 'Feldweg' Demaispatt (sic!)
pütt 'Grube', 'Brunnen' (am) Spillenpütt
rott 'Rodungsstelle' Im Rott Haverott
schlatt 'Feuchtland' Löchschlatt Schlatt
siep(en) 'träger Wasserlauf' (und die ihn umgebende Bachaue) Kuhpfadsiepen, Mühlensiepen
stück 'Stück, (Acker)teil' Taubenstück
stru(u)t straut 'Buschwald, sumpfiges Gebüsch' Strautkamp
timpen 'Spitze, Zipfel' Zuckertimpen, Krummer Timpen
ve(n)n(e) 'Moor' Kattenvenne
wall 'Befestigung', 'Hügel', 'fester Weg' Lohwall
we(e)de 'Weide' Lange Weede
we(h)r(k) 'Befestigung, Wall'  
winkel 'Eckstück'  
wi(e)(s/sch)(k/g)e(n)
auch: wiise
'Wiese' Lange Wieske (heute noch im mdl. Sprachgebrauch in Warendorf variabel mit und ohne /k/ )
(ö)st(e(n))
wo
(e)st(e(n))
(ü)st(e(n))
'Wüstung' An der Wöste
Quelle: Eigene Zusammenstellung unter Auswertung von Kremer/Sodmann (1986) Müller (1997a/b), Müller/Wagner (1995) und Scheuermann (1995)

Zwei Anmerkungen zur Tabelle:
1.: Unter den Beispielen dieser Tabelle befinden sich auch zahlreiche Straßen- und Platznamen (also FlN i.w.S.) aus Warendorf (mit den Ortsteilen Einen und Freckenhorst), und Münster. Diese Straßennamen sind nämlich oft Reflexe alter Fluren, die von Siedlungsgebieten überlagert wurden. So gibt es z.B. in Warendorf ein ganzes Neubaugebiet aus den 1960/70er Jahren, in dem sich nahezu ausschließlich Straßennamen dieses Typs, u.a. die Straßen Immenkamp, Hasenkamp, Buschkamp, In de Brinke, Sandknapp, Vor den Knäppen und Füchtenknäppe finden.
2.: Dass in dieser Tabelle auch Elemente wie -bach oder -kolk auftauchen, soll nicht verwundern. Sie finden schließlich nicht nur Verwendung bei der Bezeichnung eines Gewässers, sondern durchaus auch bei der Benennung eines Flurstücks, das durch dieses Gewässer geprägt ist oder daran angrenzt.

Den Bildungen, die die Typisierung des Flurstücks in ihrer Bezeichnung mit Elementen wie den oben aufgeführten tragen, stehen solche gegenüber, die ohne dieses Element vorkommen, und die von da her u.U. nicht sofort als FlN erkennbar sind:

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3.2.2 Bildungen ohne Flurtypen-Element:

1.) Präpositionalkonstruktion achter'n Hoff, bi'n Transformator
Hier wird wie oben (3.2.1 Ziffer 4) mit Hilfe von Präpositionen eine möglichst passende Lagebeschreibung der Flur abgegeben, jedoch die Flur selbst nicht klassifiziert.

2.) PNGEN + GW Schweers Örtgen
Die Bildeweise ist wiederum analog zu der unter 3.2.1 Ziffer 2 genannten.

3.) Nachbenennung: Jamaika
Bei diesem Benennungsmotiv wird ein bereits anderweitig vergebener Name neu angewandt.

4.) Andere Bildungen: Missgunst, Zum toten Neger
In diese Klasse fasse ich nunmehr alle anderen Namenformen zusammen, die nicht einem der vorgenannten Prinzipien zuzuordnen sind. Hier finden sich oft Namen, die eine bestimmte Aussage treffen sollen (z.B. die Warnung vor Neid und daraus resultierender Missgunst ob eines besonders ertragreichen Flurstücks), oder die aus scherzhaftem Gebrauch entstanden sind: Zum toten Neger beispielsweise ist eine Verballhornung (oder schlichtweg eine hochdeutsch geprägte Missdeutung) einer Phrase "tom Tode näher", die von einem der früheren Besitzer der entsprechenden Flur wohl des öfteren in Bezug auf das unaufhaltsame Voranschreiten der Zeit ("Ach Gott, wieder einen Tag dem Tode näher!") verwendet worden ist, und die für ihn markant war. Anscheinend so markant, dass eine Flurbezeichnung mit dieser Phrase einen eindeutigen Rückschluss auf den (vielleicht scherzhaft ebenso genannten?) Besitzer zuließ. (Quelle: Gespräch mit einem Kommilitonen.)

3.2.3 Benennungsprinzipien bei Flurnamen

Nachdem wir in Tabelle 1 bereits die Bedeutungsangaben für einige wichtige Elemente westfälischer FlN gesehen haben, möchte ich an dieser Stelle noch einmal verstärkt auf die Semantik der Flurnamen eingehen. Die Namenforschung strebt an, sämtliche mögliche Erklärungen eines Namens zu finden. Besonderes Interesse legt sie dabei jedoch auf die Bedeutung zum Zeitpunkt der Erstvergabe.

Nach Herbermann lassen sich verschiedene semantische Prinzipien festmachen, anhand derer Dinge durch den Menschen benannt werden. In erster Linie sind diese Benennungen geprägt durch und begründet im Verhältnis des Benannten zum Benennenden - hierfür gibt es zwei grundlegende Varianten: das Benannte wird vom Menschen in irgend einer Weise genutzt, oder aber er betrachtet es schlichtweg.

Anschließend an Trier und Herbermann sind die älteren und primären Bezeichnungen für Dinge diejenigen, die der menschlichen Nutzung entspringen. Der Mensch benennt, was er sich (nutzend) verfügbar macht. Die Benennung nach der Verfügbarmachung/Nutzung wird ergologisch genannt, und es gibt eine Reihe Subtypen hierzu. (vgl. Herbermann, S. 79-84.)

Technologisch
- nach der Art und Weise der Nutzung: Hier sei vor allem das FlN-Element ma(o)t(h)e erwähnt, das die Wiese nach dem Vorgang des Mähens bezeichnet. Gleiches gilt für die Rodungsnamen auf -rott.
Teleologisch
- nach dem Zweck der Nutzung: Am deutlichstes sicherlich in den Bildungen, die Elemente wie -garten oder -weide enthalten.
Topologisch
- Nach dem Ort der Nutzung: Bildungen wie Achter'n Hoff und Up de Landweer zeigen an, wo die Nutzung stattfindet.
Hylologisch
- nach der Beschaffenheit, dem Material: Hier gilt zu trennen, ob die Benennung nach dem vorfindlichen Material (z.B. Lehmbrock) oder nach dem durch die Nutzung Effigierten (z.B. Bohnenkamp) erfolgt ist. Bei einigen Namen ist beides denkbar, hier müsste man Einzelfallentscheidungen treffen, wie z.B. beim Flasskamp, der darüber hinaus auch der Ort sein kann, an dem das Material verarbeitet wurde (s. unter Topologisch).
Horologisch
- nach einem Zeitpunkt: Dieses Prinzip greift beispielsweise beim Pfingstanger, der traditionell eben bis Pfingsten nicht beweidet wurde. Die Morgenbreede fällt hierunter, wenn es diejenige Weide ist, auf die das Vieh beim täglichen Weideumtrieb als erste geführt wird. Ansonsten wäre sie wohl nur mittelbar über das Flächenmaß Morgen (das aber durchaus die Zeiteinheit als Grundlage hat) hierunter zu fassen.

Oftmals spiegelt sich in den Flurnamen dieser Art der sogenannte Flurzwang wieder, die verordnete oder freiwillige Übereinkunft, bestimmte Fruchtfolgen einzuhalten, also:

"bestimmte, jährlich im Turnus wechselnde Flurteile (à Zelgen) nur mit bestimmten Feldfrüchten zu bestellen. Anbau und Ernte mußten von allen Beteiligten gleichzeitig vorgenommen werden. Die Fluren wurden zu bestimmten Terminen 'geschlossen' und wieder 'geöffnet' [...]" (Diercke, S. 218. Hervorhebungen im Original.)

Bei den Flurteilen, die nicht direkt der menschlichen Nutzung anheim fallen (aber nicht nur bei diesen), finden sich auch weitere Benennungsprinzipien, die man als phänomenologisch-kontemplative Prinzipien zusammenfassen kann. Hierunter fallen beispielsweise Namen, die das Vorfindliche beschreiben, wie z.B. Strautkamp, oder die ein typisches Vorkommen als Benennungsmotiv haben, wie bei Uulenheege oder Erlenkamp. Typisch kann so ein Vorkommen sein, wenn das etwas besonders häufig oder aber geradezu hervorstechend einmalig ist. (Z.B. dass eben eine einzelne Erle ausschlaggebend war, das angrenzende Flurstück Erlenkamp zu nennen.) Darüber hinaus gibt es noch einige weitere Prinzipien, zum Beispiel eine mythologische Anlehnung wie bei Düwelskaule oder aber die Besitzrelation, wie in Pastors Busch, Mönkediek, Kötterskamp u.v.m.

3.2.4 Zusammenfassend:

Typischerweise werden Flurnamen zusammengesetzt aus einem individualisierenden Bestimmungswort und einem die Klasse der Fluren bezeichnenden Grundwort (oder Phrasenkopf). Da Art und Nutzung einer Flur jedoch durchaus wechseln können, muss eine einmal mit Kamp bezeichnete Flur nicht zwangsläufig auch immer noch erkennbar ein Feld oder Acker sein.

Ein überwiegender Teil der FlN unterliegt diesem einfachen zweigliedrigen Bauprinzip, wobei in einzelnen Fällen das Bestimmungswort selbst wiederum ein Kompositum ist: Steingrubenkamp. Eingliedrige FlN sind, wie oben ausgeführt selten, lediglich bei dem für die Nutzung irrelevanten Unland und einigen Wüstungen sowie bei bestimmten Naturnamen kommen solche Formen vor. (Wenn z.B. in einer Gemarkung nur ein einziger Bach vorhanden ist, kann er auch (nichtamtlich) de Beck genannt werden und ist damit hinreichend identifiziert.)

In seltenen Fällen wird das Prinzip mit dem klassenbezeichnenden Grundwort zu Gunsten einer originellen Neubildung außer Acht gelassen. Nicht immer wird dann noch deutlich, dass es sich bei dem vorgefundenen Wort um einen Flurnamen (oder überhaupt einen Namen) handelt.

Von der Inhaltsseite her lässt sich eine gewisse Motiviertheit der meisten Flurnamen beobachten. Oft wurden sie nach ergologischen Prinzipien gebildet, da das jeweils Bezeichnete unmittelbar mit der Nutzung durch den Menschen verwoben ist, sich die Nutzung in der Art der vergebenen Bezeichnung widerspiegelt.

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3.3 Die westfälischen Flurnamen heute

Nach der Betrachtung der Geschichte und der Bildung von Flurnamen möchte ich in diesem Abschnitt kurz beleuchten, wie sich die FlN-Landschaft Westfalens heutzutage darstellt.

Von der phonologischen Warte aus ist der Lautbestand in den westfälischen Flurnamen i.d.R. niederdeutsch geprägt, wenn er auch nicht rein niederdeutsch ist. Die typisch westfälischen Brechungsdiphthonge finden sich in vielen der Formen wie z.B. in biäke, hiäge, etc.

Wie bereits oben (in Abschnitt 2.3) erwähnt, ist die in Sammlungen, Katastern und Karten erfasste Namenform abhängig nicht nur von den Erfassern sondern auch von der Hochdeutsch-Kompetenz der Befragten, welche regional sehr unterschiedlich scheint, was sich z.B. bei Aufnahmen durch den selben Befrager ergibt. (vgl. Müller (1997b), insbes. S. 159f.)

Der Namenbestand als solcher ist heutzutage geprägt durch die Folgen der Flurbereinigung in den 1970er Jahren, die durchgeführt wurde, um die Bewirtschaftung ökonomischer zu machen, indem die teilweise stark zergliederten Gemarkungen (sog. Flurzersplitterung) neu strukturiert wurden. Nach Diercke ist Flurbereinigung die

"freiwillig oder im Anordnungsverfahren durchgeführte Um- bzw. Zusammenlegung unwirtschaftlichen ländlichen Grundbesitzes. Aus vielen kleinen auseinanderliegenden Feldern eines landwirtschaftlichen Betriebes entstehen ein oder mehrere große Blöcke (arrondierter Besitz). [...]" (Diercke, S. 217.)

Im Zuge dieser Restrukturierung wurden viele Fluren und Parzellen umbenannt und schlichtweg nummeriert, so dass viele Namen verloren gingen, da die bezeichneten Parzellen neu aufgeteilt oder zusammengefügt wurden, und bestenfalls einer der Namen für das neue Flächenstück übernommen wurde.

Die behördliche Nummerierung der Parzellen stellt die absolute Eindeutigkeit der Bezeichnung jeder Flureinheit sicher. Dies führt teilweise zum Verschwinden von historischen FlN, insbesondere der mundartlichen Nebenformen, die durch amtliche (hochdt.) Formen verdrängt bzw. überflüssig werden. (vgl. Müller (1997b) S. 160.)

Mit der fortschreitenden Verstädterung, die auch vor Westfalen nicht Halt macht(e), wurden und werden viele alte Flurnamen zu Namen (geschlossen) bebauten Gebiets, was wir ja eigentlich durch die Definition in Abschnitt 2.1 ausgeklammert hatten. So finden sich die Reflexe alter FlN durchaus in den Straßennamen vieler Baugebiete wieder (vgl. die Anm. 1 zu Tabelle 1.)

Es werden kaum noch neue Flächen der land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung zugeführt, so dass es m.E. unwahrscheinlich ist, dass neue FlN vergeben werden. Wenn überhaupt, werden Flächen wohl eher reaktiviert, und mit ihnen die noch überlieferten alten Namen.

Der historische und gegenwärtig greifbare Bestand der FlN Westfalens ist erfasst im 1925 bzw. 1957 eingerichteten westfälischen Flurnamen-Archiv, das für 1570 Ortspunkte Westfalens die Flurnamen per EDV erfasst. Erschlossen wird dieses Archiv durch die seit den 1980er Jahren geplante und seit kurzem begonnene Herausgabe des westfälischen Flurnamen-Atlas durch die geographische Kommission für Westfalen beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe. (vgl. Müller (1997a), S. 21-23.)

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4. Zusammenfassung

Wir haben gesehen, dass die Flurnamen Westfalens geprägt sind von niederdeutschen und hochdeutschen Einflüssen, wobei insbesondere durch die nachlassende Dialektkompetenz auch in der ländlichen Bevölkerung und durch die amtliche Aufnahme der Katasterunterlagen durch (hochdeutsch sprechende) preußische Behörden die hochdeutschen Einflüsse auf das ursprünglich klar niederdeutsche Namenmaterial zugenommen haben. Oftmals wird ein Flurname auch mündlich nicht mehr in seiner niederdeutschen (ortsmundartlichen) Form verwendet, die allenfalls noch in Grundbüchern oder in Flurnamensammlungen auftaucht.

Typische sprachliche Faktoren für die gegenwärtig vorfindlichen Flurnamen der Region sind auf lautlicher Ebene nach wie vor die für den Dialekt charakteristischen westfälischen Brechungsdiphthonge (wie in Biäke), sowie unverschobene niederdeutsche Konsonanten, beispielsweise in Patt vs. Pfad.

Auf morphologischer Ebene finden sich bestimmte typische Flurnamen-Elemente (wie z.B. Esch, Kamp oder Brink), die bei einem Großteil der Flurnamen das Grundwort einer komplexen Bildung darstellen. Diese komplexen Bildungen unterliegen bestimmten Benennungsprinzipien, in denen sich regelmäßig die (Art der) Nutzung der Natur durch den Menschen widerspiegelt.

Durch die Flurbereinigung wurde manchen Flurnamen das bezeichnete Geländestück entzogen. Verloren sind die Namen deswegen jedoch nicht, da sie in der umfangreichen Sammlung des westfälischen Flurnamenarchivs gesammelt und im westfälischen Flurnamenatlas dokumentiert sind; eine Situation, die für andere Dialektregionen des Deutschen noch nicht erreicht ist.

Eine Seminararbeit kann die Vielfalt und Vielschichtigkeit eines derartig komplexen Gebiets der Mundart- und Regionalforschung, wie es die Wissenschaft von den Flurnamen ist, natürlich nur in Streiflichtern wiedergeben, und muss bei vielen die Flurnamen betreffenden Aspekten, recht oberflächlich bleiben, wenn sie nicht unausgewogen oder übermäßig umfangreich werden soll.

Münster, im Frühjahr 2001

Jan Wohlgemuth

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5. Literaturverzeichnis

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Version 1
Zuletzt geändert: 29. Juni 2001
Erstmals erstellt: 29. Juni 2001


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