Jan Wohlgemuth
Geschichte der deutschen Sprache
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0. Vorbemerkungen
0.0 Zu dieser Arbeit
Diese Übersicht ist entstanden im März/April 1998 als Lerngrundlage zu einer Magister-Zwischenprüfung im Fach Deutsche Philologie, Schwerpunkt Sprachwissenschaft. Sie ist eine Zusammenstellung aus diversen Lehrbüchern, Aufsätzen und Mitschriften. Ich übernehme keine Gewähr für die sachliche Richtigkeit, zumal es sich in einigen Fällen um eigene interpretative Deutungen handelt.
Ich mußte bei der Darstellung der phonetischen Zeichen einige Kompromisse machen, um aufwendige Grafiken zu vermeiden. Diese inexakten oder nicht standardgemäßen Darstellungen habe ich immer bei ihrem ersten Auftauchen als solche gekennzeichnet.
Dieser Text ist aus einem einfachen Grunde in alter
Rechtschreibung verfasst: Zum Zeitpunkt der Abfassung hatte ich keine
Rechtschreibprüfung für die neue deutsche Rechschreibung. wer meine
ortografi nicht billigt, ist herzlich dazu aufgefordert, sich einfach woanders umzusehen.
Die Literaturliste wurde im
September 2004 ergänzt. Inhaltliche Ergänzungen am Haupttext nehme ich
keine mehr vor!
0.1 Vorbemerkung zur (historisch-vergleichenden) Sprachwissenschaft
Im Zeitalter der Romantik, Anfang des 19. Jahrhunderts, im Zusammenhang einer allgemeinen Rückwärtsgewandtheit erkannte man die Zusammenhänge und die Verwandtschaft der indogermanischen Sprachen. Dies war der Ursprung der (historisch-)vergleichenden Linguistik, aus der später die allgemeine Linguistik hervorging. Moderne (synchrone) Sprachwissenschaft im heutigen Sinne beginnt mit Ferdinand de Saussures Werk Cours de linguistique générale (1916), das in deutscher Sprache 1931 als Grundfragen der Allgemeinen Sprachwissenschaft erschien.
Ähnlich wie vor ihm Hermann Paul in Prinzipien der Sprachgeschichte (1880), fordert Saussure, daß vor dem diachronen Vergleich eine synchrone Beschreibung der unterschiedlichen Sprachstufen zu erfolgen hat; nach dem diachronen Vergleich der Sprachstufen kann dann eine Aussage über die historische Entwicklung einer Sprache getroffen werden.
0.2 Übersicht: Die Indogermanischen Sprachen
Auch indoeuropäische Sprachen genannt, umfassen folgende Gruppen (in Klammern: wichtige historische Sprachen und Nachfolger):
Indisch (Sanskrit, Vedisch), Iranisch (Avestisch, Altpersisch), Armenisch (Altarmenisch), Tocharisch†, Hethitisch†, Lykisch†, Lydisch†, Phrygisch†, Thrakisch†, Griechisch (Altgriechisch), Pelasgisch†, Albanisch, Makedonisch†, Illyrisch†, Italisch (Latino-Faliskisch > Latein > Romania, Venetisch†, Oskisch-Umbrisch†), Keltisch, Germanisch (Gotisch), Baltisch, Slawisch (Altbulgarisch, Altkirchenslawisch)
Einige der ausgestorbenen Sprachfamilien / Sprachen sind nur durch Inschriften und Glossen oder indirekt durch Lehnwörter in anderen Sprachen überliefert; bei anderen Sprachen wiederum gibt es eine lange schriftliche Tradition, die umfangreiche Belege für die verschiedenen Sprachstufen liefert, wie beispielsweise das Griechische (seit ca. 8. Jh. v.Chr.) oder das Sanskrit mit einer seit ca. 4000 Jahren andauernden schriftlichen Überlieferung.
Zum Vergleich: Das Deutsche ist seit dem 8. Jh. n.Chr. schriftlich überliefert; Albanisch erst seit dem späten 15. Jh.